- Schuldunfähigkeit
- Schụld|un|fä|hig|keit, die <o. Pl.> (Rechtsspr.):das Schuldunfähigsein.
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Schuld|unfähigkeit,früher Unzurechnungsfähigkeit,1) Strafrecht: die mangelnde Fähigkeit des Täters, das Unrecht seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Die Schuldunfähigkeit ist ein Schuldausschließungsgrund, der Straflosigkeit zur Folge hat. Die volle Schuldfähigkeit beginnt in der Regel mit dem vollendeten 18. Lebensjahr; über die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Jugendlichen Jugendstrafrecht. Kinder unter 14 Jahren sind schuldunfähig (§ 19 StGB), außerdem alle Personen, die bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tief greifenden Bewusstseinsstörung, wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig sind, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (§ 20 StGB). Dabei versteht man unter einer »krankhaften seelischen Störung« eine psychische (intellektuelle oder emotionale) Störung, die auf nachweisbaren oder vermuteten organischen Ursachen beruht (z. B. Paralyse, Hirnarteriosklerose, Epilepsie, auch Schizophrenie und andere endogene Psychosen). Die »tief greifende Bewusstseinsstörung« bezeichnet nichtkrankhafte Zustände (Erschöpfung, Hypnose, unter Umständen auch hochgradige Affekte; hinsichtlich einer unter Alkoholeinwirkung begangenen Tat Rauschtat). »Schwachsinn« ist eine angeborene Intelligenzschwäche ohne nachweisbare organische Ursache. Als »schwere andere seelische Abartigkeiten« kommen Psychopathien, Neurosen und Triebstörungen (Triebtäter) in Betracht, die individuell bewertet werden müssen und nicht in jedem Falle zu Schuldunfähigkeit führen. Bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit (nach der Rechtsprechung z. B. bei einem Blutalkoholwert zwischen 2 ‰ und 3 ‰) kann die Strafe gemildert werden (§ 21 StGB). Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn von ihm infolge seines Zustandes auch künftig erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist (§ 63 StGB); gegebenenfalls kommt auch die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt infrage (§ 64 StGB). Die Schuldunfähigkeit wird von psychiatrischen Sachverständigen beurteilt; das Gericht kann auch eine höchstens sechswöchige Beobachtung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen (§ 81 StPO). Ob Schuldunfähigkeit vorliegt, hat das Gericht in eigener Verantwortung zu entscheiden; es braucht dem ärztlichen Gutachten nicht zu folgen.Die StGB Österreichs (§§ 11, 21, 22, 34 Ziffer 11 StGB, §§ 4, 9, 10 Jugendgerichtsgesetz 1988) und der Schweiz (Art. 10-13, 43, 44 StGB) enthalten über die Schuldunfähigkeit ähnlicher Grundsätze wie das deutsche StGB, wobei im schweizerischen Strafrecht für Kinder nach der Vollendung des 7. Lebensjahres und für Jugendliche von 15 bis 18 Jahren besondere Bestimmungen gelten (Art. 82-99 StGB).E.-C. Rautenberg: Verminderte Schuldfähigkeit - ein besonderer fakultativer Strafminderungsgrund? (1984);Psychiatr. Begutachtung, hg. v. U. Venzlaff (1986);S. Haddenbrock: Soziale oder forens. Schuldfähigkeit (Zurechnungsfähigkeit) (1992).2) Zivilrecht: unerlaubte Handlung.* * *
Schụld|un|fä|hig|keit, die (Rechtsspr.): das Schuldunfähigsein.
Universal-Lexikon. 2012.